Bislang bestand weitestgehend Einigkeit darüber, dass Vermögenswerte, die außerhalb der Erbfolge auf einen anderen übergehen, nicht zum Nachlass gehören und daher nicht bei der Berechnung des
Pflichtteils zu berücksichtigen sind. Dazu zählten nach herrschender Meinung bislang auch Lebensversicherungen, wenn der Erblasser einen Bezugsberechtigten festgelegt hatte. Die Versicherungssumme
wird in diesem Fall nämlich völlig unabhängig von der Erbfolge an den Bezugsberechtigten ausgezahlt. Pflichtteilserhöhend waren allein die in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall geleisteten
Prämien. Danach konnten im Einzelfall durch Abschluss einer Lebensversicherung Vermögenswerte „am Nachlass vorbei“ übertragen werden und so der Pflichtteilsberechnung entzogen werden
Dem folgt das LG Göttingen in einem Urteil vom 23.03.2007 (ZEV 2007, 368) nicht: Bei einer Kapitalversicherung ist nach Ansicht des LG Göttingen Zuwendungsgegenstand vielmehr die ausgezahlte
Versicherungssumme. Das Gericht begründet dies damit, dass der Erblasser im Augenblick seines Todes dem Bezugsberechtigten die gesamte Versicherungssumme zuwendet. Vor dem Erbfall kann der Erblasser
jederzeit den Bezugsberechtigten ändern oder die Versicherungsleistung an sich selbst auszahlen lassen. Somit trete die endgültige Entäußerung des Vermögens erst mit dem Versicherungsfall ein. Danach
kommt also eine „Pflichteilreduzierung“ durch Abschluss einer Lebensversicherung nicht mehr in Betracht.